Wie sein großes Vorbild W. Ostwald, hat auch Müller sich um «eine Ästhetik der Farbe in natürlichen Harmonien» bemüht. 1973 ist sein gleichnamiges Werk erschienen, das eine Sammlung von 200 Farbtafeln enthält, welche fundamentale Farbverwandtschaften veranschaulichen soll. Der Doppelkegel mit Schwarz an der unteren und Weiß an der oberen Spitze versteht sich in der Tradition von Ostwald. Die Ordnungsfigur entsteht, wenn farbtongleiche Dreiecke um die gemeinsame Achse der Grauleiter kreisen. (Ausführlicher Text)
Aemilius Müller (siehe auch erstes System des gleichen Autors) wollte ab 1942 vor allem den Bereich weiterentwickeln, den einer der Pioniere der modernen Farbenlehre, der Chemie-Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald, zur Zeit des ersten Weltkriegs erschlossen hatte. Ostwald hatte seinem Farbkonzept das Schema des Doppelkegels unterlegt, das Müller dann übernahm und verbesserte. Die Farbtöne in dem von den bekannten und vielfach erwähnten zweimal drei Grundfarben ausgehenden Farbenkreis werden der Empfindung nach in gleiche Abstände voneinander gebracht, und ihre Bezifferung erfolgt im Uhrzeigersinn von 1 bis 60, was allein deshalb schon anschaulich ist, weil wir alle an die 60 Sekunden eines Zifferblattes gewohnt sind.
Eine weitere Illustration zeigt eines der 60 möglichen farbtongleichen Dreiecke, die sich aus dem Müllerschen Doppelkegel schneiden lassen. An den Ecken befinden sich Weiß, Schwarz und die jeweilige Vollfarbe. Müller erlaubt jeweils zehn Stufen zwischen ihnen und bezeichnet die entsprechenden Positionen im Inneren des Dreiecks durch Ziffern, um die Mengenverhältnisse der drei Variablen besser verdeutlichen zu können. Der aus dem Doppelkegel-System entstandene Farbatlas — der berühmte «Swiss Colour Atlas», dessen erste Auflage 1962 erschienen ist — gibt insgesamt 2541 Farbfelder wieder.
Wie sein großes Vorbild Ostwald, hat auch Müller sich um «eine Ästhetik der Farbe in natürlichen Harmonien» bemüht. 1973 ist sein gleichnamiges Werk erschienen, das eine Sammlung von 200 Farbtafeln enthält, welche fundamentale Farbverwandtschaften veranschaulichen soll. Werner Spillmann, Dozent für Farbgestaltung in Müllers Heimatstadt Winterthur, hat dessen Hauptwerk als «Sammlung hochkultivierter Etüden in Farbe» bezeichnet und es wie folgt zusammengefaßt: «Grundthema dieser Farbtafelsammlung ist die Frage nach der Bindungsmöglichkeit für kontrastierende Elemente einer Farbzusammenstellung. Zu diesem Problemkreis bieten die Tafeln in reichem Maße und auf eindrückliche Weise Antworten, die stets mit unserem Sehsinn direkt erlebbar und erfahrbar sind. Und der Schöpfer dieses einzigartigen Farbwerks macht kein Geheimnis aus den von ihm angewandten Gesetzmäßigkeiten. Im Gegenteil, er ist bemüht, die einfachen Gesetzmäßigkeiten zu offenbaren, welche zu solch wohlklingenden Farbzusammenstellungen führen können.»
Datierung: Das Doppelkegelschema der Farben legt Aemilius Müller 1965 vor.
Herkunft: Schweiz
Grundfarben: Rot, Gelb, Blau / Grün, Orange und Violett
Form: Doppelkegel
Anwendung: Farbharmonien: Architektur, Design
Referenzsysteme: Ostwald — Müller I
Literatur: Ae. Müller, «Swiss Color Atlas SCA 2.541», Winterthur 1962; Ae. Müller, «Ästhetik der Farbe, in natürlichen Harmonien», Winterthur 1973; W. Spillmann, «Ein Leben für die Farbe», Applica 24, 717 (1984).