Das erste Farbsystem, dem ein Würfel zugrunde liegt. William Benson versucht, sowohl die additive als auch die subtraktive Farbmischung in den Griff zu bekommen. Der Kubus steht auf der schwarzen Ecke, von der aus drei Kanten zu den Grundfarben Rot, Grün und Blau führen. Von der weißen Spitze aus führen die Kanten zu einer gelben, einer «meergrünen» und einer rosafarbenen Ecke. Benson zog das ungewöhnliche Rosa dem erwarteten Violett vor, das ihm zu dunkel erschien. (Ausführlicher Text)
In dem Dreieck von Maxwell liegen den drei eher dunklen Primärfarben drei helle Farben gegenüber, die von den Ecken aus durch den weißen Mittelpunkt gefunden werden: Dies wären vom Rot aus Grünblau (oder Cyan), vom Grün aus Purpur (oder Magenta) und vom Blau aus gesehen Gelb. Will man aus dem eher explanatorischen Dreieck ein räumliches Farbsystem schaffen, kann man zum Beispiel so vorgehen, wie es der englische Architekt William Benson 1868 getan hat, als er den ersten einer Vielzahl von noch folgenden Farbwürfel vorschlug. Er hielt diese Anordnung für das «natürliche System der Farben», wie es in der Überschrift zum 7. Kapitel seiner «Principles of the Science of Color» heißt. Benson weist zunächst auf Vorarbeiten von Mayer, Runge und Chevreul hin, dann begründet er in langen Sätzen, warum er eine andere Geometrie bevorzugt:
«Um die gewöhnliche Methode der geometrischen Repräsentation aller Kombinationen, die aus drei unabhängigen Variablen geformt werden können, anzuwenden, muß ein Punkt ausgewählt werden, der Null oder Schwarz darstellt, die Abwesenheit allen Lichtes, und drei Linien müssen von ihm im rechten Winkel zueinander gezogen werden, an denen entlang und auf allen parallelen Koordinaten Rot, Grün und Blau an Intensität von Null aus zunehmen sollten. Die Intensitäten von Rot, Grün und Blau, die zusammengenommen Weiß ergeben, sollten gleich sein und daher durch gleiche Entfernungen in den drei rechtwinkligen Koordinaten repräsentiert werden. Die Endpunkte dieser drei Linien werden daher die Plätze für das volle Rot, das volle Grün und das volle Blau sein, während die Linien selbst die Abstufungen dieser drei Farben zu Schwarz hin enthalten. (…) Die Ecke des Würfels, die dem Schwarzen gegenüberliegt, wäre das volle Weiß, und die Ecken, die Rot, Grün und Blau gegenüberliegen, wären Seegrün («Seagreen»), Rosa («Pink») und Gelb («Yellow»). Der zentrale Punkt wäre ein mittleres Grau.» Die Tatsache, daß Rosa den Vorzug vor Purpur erfährt, hängt vermutlich mit dessen Helligkeit zusammen.
Bensons Würfel enthält 13 Hauptachsen, die er in drei Gruppen aufteilt (um damit Kontraste, Abstufungen und Harmonien besser faßbar zu machen). Es gibt drei Achsen, die die Mittelpunkte von gegenüberliegenden Flächen verbinden. Sie heißen Primärachsen, weil sich auf ihnen nur eine der Primärfarben ändert. In der Abbildung sind sie (und dazu parallele Linien) durchgezogen gezeichnet. Es gibt weiterhin sechs Achsen, die die Mittelpunkte von gegenüberliegenden Kanten verbinden. Geht man ihnen entlang, ändern sich zwei Primärfarben, weshalb Benson von Sekundärachsen spricht. Sie sind (nebst den entsprechenden Parallelen) gestrichelt gezeichnet. Die vier Achsen schließlich, die gegenüberliegende Ecken verknüpfen, heißen Tertiärachsen, weil sich bei ihnen alle drei Primärfarben ändern. Sie sind ebenfalls gestrichelt eingetragen.
Benson hat all den vielen Punkten genaue Farbnamen gegeben, die wir nur am Beispiel der Reihe von m1 bis m6 anführen wollen: m1 ist Rosarot, m2 ist Gelbrot, m3 ist Rosablau, m4 ist Gelbgrün, m5 ist Seegrünblau und m6 schließlich ist Seegrüngrün.
Man kann diesen Kubus auf vielen Wegen durchqueren und in viele Ebenen unterteilen. Um die Farben, die dabei in seinem Inneren möglich werden, zu illustrieren, tragen wir einige der dabei entstehenden Hauptpunkte auf. In einer weiteren Abbildung zeigen wir die verschiedenen horizontale Projektionen, die man beim Durchgang vom Weißen zum Schwarzen erhält. Die Umkehrung des Dreiecks ergibt sich dabei als Folge der Geometrie.
Das System von William Benson versucht, sowohl die additive als auch die subtraktive Farbmischung in den Griff zu bekommen. Ein Würfel stößt als Farbsystem auf ein grundsätzliches Problem. Er kommt mit der Bedeutung der Helligkeit nicht zurecht und ordnet die Farbtöne entsprechend falsch ein. Das System von Benson wirkt in den Augen einiger kritischer Betrachter daher eher wie eine Farbunordnung. Wer den Würfel mit seinen komplizierten Bezeichnungen an den Kanten und den vielen Geraden im Inneren aber nicht verwenden muß und mit seiner Betrachtung zufrieden sein kann, darf sich trotzdem daran erfreuen.
Datierung: Der Architekt William Benson veröffentlicht sein kubisches System 1868 in London.
Herkunft: England
Grundfarben: Rot, Grün und Blau
Form: Würfel
Referenzsysteme: Mayer — Runge — Chevreul — Maxwell
Literatur: W. Benson, «Principles of the Science of Colour, Consisely Stated To Aid and Promote Their Useful Application in the Decorative Art», London 1868; «Color Documents: A Presentational Theory», organisiert von S. Wurmfeld, Hunter College Art Gallery, New York 1985.