Das Deutsche Institut für Normung abgekürzt DIN kam zu dem Schluß, daß man ein Farbsystem brauchte, mit dem sich in der Praxis leichter umgehen ließ als mit dem System von Ostwald, das seit dem Ersten Weltkrieg in Gebrauch war. Das Ziel bestand darin, ein empfindungsgemäß möglichst gleichabständiges Farbsystem zu schaffen, das mit den anschaulichen Variablen Farbton, Sättigung und Helligkeit operiert. Nach sorgfältigen psychologischen Experimenten ist eine Ordnung entstanden, die neben einem 24teiligen Farbtonkreis und der Sättigungsstufe als besonderen Parameter eine Dunkelstufe einführt, die als ein Maß für die Helligkeitsbeziehung zwischen Körperfarben verwendet wird. (Ausführlicher Text)
In den 30er Jahren kam das Deutsche Institut für Normung — abgekürzt als DIN — zu dem Schluß, daß man ein Farbsystem brauchte, mit dem sich in der Praxis leichter umgehen ließ als mit dem System von Ostwald, das seit dem Ersten Weltkrieg in Gebrauch war. Man übertrug den Auftrag dafür an Manfred Richter, der bei der Bundesanstalt für Materialprüfung arbeitete. Seine Aufgabe war es, «farbwissenschaftlich» vorzugehen und ein «normungsfähiges» Ergebnis vorzulegen. Ihre Ergebnisse legten Richter und seine Mitarbeiter aber erst von 1953 an vor.
Die erste Frage, die es zu klären galt, betraf die geeigneten Farbkoordinaten. Das Ziel bestand darin, Ostwalds Anspruch — an dem er aber selbst gescheitert war — so gut wie möglich zu erfüllen und das neue System auf Reihen von Variablen zu gründen, die für einen Beobachter visuell (der Empfindung nach) in gleichen Abständen vorliegen. Ausgedehnte Versuche an vielen hundert Personen mit über hundert Farbtönen wurden zunächst unternommen, um den Vollfarbenkreis in gleich großen Schritten abschreiten zu können. Dabei wurden die Farbkoordinaten von 24 Punkten abgeleitet, die «äquidistante» Farbtöne festlegten. Die Numerierung begann beim Gelb mit 1 und ging über Rot (7), Blau (16) und Grün (22) zurück nach Gelb. Anschließend ging es darum, in einem gegebenen Kreis die Farben mit gleicher Sättigung und Helligkeit anzuordnen.
Das DIN-System arbeitet heute mit drei Variablen, die den herkömmlichen Farbempfindungsparametern Farbton, Sättigung und Helligkeit entsprechen. Sie heißen DIN-Farbton (T), DIN-Sättigungsstufe (S) und DIN-Dunkelstufe (D) und geben die Koordinaten der gezeigten dreidimensionalen Ordnung der Körperfarben ab. In dieser Darstellung sind Flächen konstanten T-Wertes durch die sichtbare Halbebene anschaulich gemacht, Flächen gleichen S-Wertes sind durch den Kegel und Flächen gleichen D-Wertes sind durch die Kugel repräsentiert. Der Schnittpunkt der drei genannten Flächen bestimmt eine Farbe im DIN-System.
Die Illustration veranschaulicht die dreidimensionale Ordnung, die die DIN-Farbkarte ermöglicht, und die Skizze zeigt eine farbtongleiche Fläche des Systems. Die Dunkelstufe verläuft senkrecht von oben nach unten — die Zahlen auf den Achsen geben umgekehrt die Reflexion des Lichtes beziehungsweise die Helligkeit an — und die Sättigungswerte sind auf der waagrechten Achse notiert.
Die Dunkelstufe für alle Farbreihen basiert auf einer vertrackten Formel für die Graureihe und wird so festgelegt, daß dem idealen Schwarz die Dunkelstufe 10 und dem idealen Weiß (und allen Optimalfarben) die Dunkelstufe 0 zukommt. Es ist vor allem dieser Parameter, der das DIN-Farbsystem von der Munsellschen Ordnung unterscheidet. Mit ihm gelingt es dem DIN-System, nicht Farben gleicher Helligkeit, sondern Farben gleicher Relativ-Helligkeit einander zuzuordnen, was der Empfindung angemessener ist, die Farben verschiedenen Farbtons als gleichwertig erfaßt.
Ein DIN-Farbton wird durch eine von 24 Stufen des durch die erwähnten Auswahlversuche ermittelten Farbenkreises (bei vorgegebener Sättigung und Dunkelstufe) definiert. Dabei stellt sich heraus, daß Farben gleichen Farbtons durch eine sogenannte dominante Wellenlänge charakterisiert sind, die im CIE-Diagramm gefunden werden kann, wenn man vom sogenannten Unbuntpunkt der Normlichtart C eine gerade Linie durch die Farbe legt und ihren Schnittpunkt mit der einhüllenden Kurve in Zungenform bestimmt.
Das DIN-System legt sowohl den Farbton als auch die Sättigung nicht wesentlich anders als andere Ordnungen fest. Die Sättigungsstufen beginnen beim DIN-Farbkreis mit S = 6 und enden im Unbuntpunkt mit S = 0, und beide zusammen bilden die Farbart einer Farbe. Seine Besonderheit gewinnt das DIN-System — wie erwähnt — durch die Dunkelstufe, die als Maß für die Helligkeitsbeziehung zwischen den Körperfarben betrachtet wird. Ziel der Einführung dieser im Detail sehr komplizierten Maßzahl ist es, den DIN-Farbenkreis auch bezüglich der Helligkeit psychologisch ausgewogen wirken zu lassen. Dies bedeutet nicht, daß alle Farben des Farbenkreises als gleich hell empfunden werden müssen. Vielmehr sollen sie im Auge des Beobachters den Eindruck erwecken, sie gehörten zusammen.
Es war von Anfang an geplant, dem DIN-System Proben beizugeben. Eine zufriedenstellende Version von 600 Farbmustern wurde in den Jahren 1960-62 produziert, die DIN-Farbenkarte 6164. Es handelt sich um kleine Plättchen von 20 x 28 mm, deren Farbe durch ein Zahlentriplett in der Reihenfolge T:S:D gekennzeichnet ist. So bekommt ein bestimmtes Grün etwa das Farbzeichen 22,5 : 3,2 : 1,7.
Das hier vorgelegte DIN-System erfüllt als einziges System die vier Voraussetzungen, die sein Schöpfer, Manfred Richter, grundsätzlich von jedem Farbsystem fordert, und die von der Beobachtung ausgehen, daß sich kein System auf Farbempfindungen gründen kann, weil jeder Farbatlas aus Farbmustern zu bestehen hat, die bestimmte Farbvalenzen repräsentieren. Richter stellt in seiner «Einführung in die Farbmetrik» fest:
«Erstens und vor allem sollte sich das Ordnungsystem, das einem Farbatlas zugrunde gelegt wird, ausschließlich auf die Farbvalenz gründen, nicht auf Pigmente oder Farbstoffe. Zweitens sollten die ausgewählten Farben zahlenmäßig exakt definiert sein. (…) Drittens sollen die Farben so ausgewählt sein, daß sie, in einem valenzmetrischen System dargestellt, geglättete Kurven und Flächen ergeben. Viertens sollte für alle Farbmuster eine gewisse einheitliche Toleranz von vernünftiger Größe festgelegt und eingehalten werden.»
Der letzte Punkt hat auch damit zu tun, daß zu enge Toleranzen den Preis für die Herstellung von Mustern in unerschwingliche Höhen treiben würde.
Datierung: Auf Initiative des Deutschen Normenausschusses wird seit 1941 an einem Farbsystem gearbeitet, dessen erste Ergebnisse seit 1953 vorliegen.
Herkunft: Deutschland
Grundfarben: Gelb, Rot, Blau und Grün
Form: Kegel
Anwendung: Ordnungsprinzip für einen präzisen Farbatlas
Referenzsysteme: Munsell — Ostwald — CIE — Johansson — OSA — ACC
Literatur: M. Richter, «Untersuchungen zur Aufstellung eines empfindungsgemäß gleichabständigen Farbsystems», Zeitschrift für wissenschaftliche Photographie 45, 139-162 (1950); M. Richter, «Der Farbkörper des DIN-Farbsystems», Die Farbe 2, 137 (1953); M. Richter, «Einführung in die Farbmetrik», Berlin 1976.