«Wenn man aber den Ursprung und die Beziehung der Farben richtig betrachten will, dann muß man von den fünf grundlegenden Mittelfarben ausgehen, die Rot, Blau, Grün, Gelb und Grau aus Weiß und Schwarz sind, und man muß ihre Abstufungen beachten, wenn sie entweder durch ihre Blässe näher an das Weiße rücken oder durch ihre Dunkelheit näher an das Schwarze», so beschreibt Forsius selbst die grundlegenden Überlegungen zu seinem System. Die Konstruktion stellt soweit bekannt das erste gezeichnete Farbsystem dar. (Ausführlicher Text)
Das älteste Farbsystem, das heute bekannt ist und diesen Namen verdient, stammt von dem in Finnland geborenen Astronomen, Priester und Neuplatoniker Aron Sigfrid Forsius (gestorben 1637), dessen Vornamen manchmal auch als Siegfried Aronsen aufgeführt werden. Forsius wurde 1603 Professor für Astronomie in Uppsala (Schweden) und ging später als Prediger nach Stockholm und anderswohin. 1619 wurde er von seinem Amt entfernt, da er astrologische Weissagungen vorgenommen haben soll.
Acht Jahre zuvor war ein Manuskript erschienen, in dem er sich Gedanken über Farben macht und zu der Ansicht kommt, daß sie in eine räumliche Ordnung gebracht werden können. Dieser Text aus dem Jahre 1611 ist erst in unserem Jahrhundert in der Königlichen Bibliothek in Stockholm wiederentdeckt und anschließend bei dem ersten Kongress der «International Color Association» im Jahre 1969 vorgestellt worden. Forsius stellt seine Farbdiagramme im Kapitel VII eines physikalischen Werkes vor, das sich mit dem Sehen befaßt. Er diskutiert in diesem Abschnitt zunächst die fünf Sinne der Menschen, erläutert (für uns eher unverständlich und verzwickt), wie man Farben sieht und kommt dann zu den Farbdiagrammen, mit denen er eine dreidimensionale Darstellung anstrebt. Forsius stellt zunächst fest:
«Unter den Farben gibt es zwei Primärfarben, Weiß und Schwarz, in denen alle anderen ihren Ursprung haben.» Damit schließt Forsius an Leonardo da Vinci an, der mehr als 100 Jahre vor dem Schweden Schwarz und Weiß zu den Farben selbst zählte und sie neben Gelb, Rot, Blau und Grün als primäre Farben vorstellte. Forsius fährt dann fort:
«Mitten zwischen diesen Farben (Schwarz und Weiß) steht seit der klassischen Antike das Rote auf der einen und das Blaue auf der anderen Seite: Gelb kommt zwischen Weiß und Rot, Blaßgelb zwischen Weiß und Gelb, Orange zwischen Gelb und Rot (…).». Dies geht so weiter, bis Forsius den ganzen Kreis umlaufen hat, und dem wir außen die englische Übersetzung der innen notierten schwedischen Ausdrücke an die Seite gestellt haben. Wir haben die amerikanischen Begriffe deshalb gewählt, weil die Aufspürung des Manuskriptes von Forsius amerikanischen Gelehrten gelungen ist. Diesem Kreis folgt im Text eine Zeichnung, die ganz sicher eine Farbenkugel repräsentieren soll. Wir zeigen deren schwedische Originalfassung nebst einer kleineren Fassung mit der englischen Übersetzung der Farbbezeichnungen. Forsius benutzt vier Grundfarben (Rot, Gelb, Grün und Blau), die er zusammen mit dem Grau als «Mittelfarben» zwischen den Extremen (Schwarz und Weiß) betrachtet, und kommentiert sein zweites Diagramm:
«Wenn man aber den Ursprung und die Beziehung der Farben richtig betrachten will, dann muß man von den fünf grundlegenden Mittelfarben ausgehen, die Rot, Blau, Grün, Gelb und Grau aus Weiß und Schwarz sind, und man muß ihre Abstufungen beachten, wenn sie entweder durch ihre Blässe näher an das Weiße rücken oder durch ihre Dunkelheit näher an das Schwarze.»
Mit anderen Worten: Forsius hat die Idee, vier grundlegende Buntfarben einzuführen, und er präsentiert für jede von ihnen noch eine Grauskala, die von Hell nach Dunkel und durch das Zentrum der Kugel reicht. Die Farben auf der Kugeloberfläche sind dabei so angeordnet, daß drei Gegensatzpaare entstehen: Rot und Blau, Gelb und Grün, Weiß und Schwarz.
Wie wir sehen werden, hat Forsius damit den Weg zu den modernen Farbsystemen eingeschlagen (auch wenn später die Komplementärfarben noch genauer charakterisiert werden).
Wir geben im folgenden die Farben der Forsius-Kugel, deren Autor ein wenig Mühe mit der Perspektive hatte, auf Deutsch an:
Weiß
Lebensfarbe — Baum- und Weizenfarbe — Kreidegrau — Blaßblau
Blaßrot — Blaßgelb — Apfelschimmel — Grünspan — Himmelsblau
Rot — Gelb — Grau — Grün — Blau
Purpur — Flammengelb — Mausgrau — Rasengrün — Dunkelblau
Violett — Schwarzbraun — Schwarzgrau — Schwarzgrün — Indigo
Schwarz
Datierung: Das System stammt aus dem Jahre 1611 und findet sich in einem Text des Autors über Physik.
Herkunft: Finnland
Grundfarben: (Schwarz, Weiß), Rot, Gelb, Grün Blau
Form: Kugel
Referenzsysteme: Grosseteste, Alberti, da Vinci — Fludd — Newton — Wundt
Literatur: A. S. Forsius, «Physica», hrsg. v. J. Nordström, Uppsala Universitäts Arsskrift, X, 1952; A. S. Forsius, «Physica Manuskript, 1611», Veröffentlichung 1971, ACTA Bibliothecae Regiae Stockholmiensis, 315-321 (1971); C. Parkhurst und R. L. Feller, «Who Invented the Color Wheel?, Color Research and Application 7», 217-230 (1982); John Gage, «Kulturgeschichte der Farbe: von der Antike bis zur Gegenwart», Ravensburg: Maier, 1994, Seite 166 (kommentierte Erwähnung).