Es ist einem Außenstehenden nur schwer zu erklären, wie berühmt Maxwell unter Physikern ist. Neben seiner «Theorie des Farbensehens», die als Ursprung der quantitativen Farbmessung (Colorimetrie) gilt, bleibt der Name auch mit vier sogenannten Feldgleichungen verbunden, die erklären konnten, wie sich Licht ausbreitet, und die auf die Existenz elektromagnetischer Wellen hinwiesen, deren Empfang wir zum Beispiel heute alle nutzen, wenn wir Radio hören. Nachdem Maxwell Gleichungen gefunden hatte, die Farbmischungen erfassen können, stellte er die entsprechenden Kombinationen innerhalb eines Dreiecks dar, dessen Eckpunkte durch die drei primären Spektralfarben Rot, Grün und Blau markiert wurden. Jede Mischfarbe liegt im Schwerpunkt der Linie, welche die zusammenzustellenden Farben verbindet. (Ausführlicher Text)
1859 gehört zu den großen Jahren der Wissenschaftsgeschichte. Der Engländer Charles Darwin publizierte damals seine Vorstellungen von der Abstammung der Arten und räumte dabei der Idee der Evolution den Weg frei. Im gleichen Jahr veröffentlichte der schottische Physiker James Clerck Maxwell (1831-1879) die «Dynamische Theorie der Gase», in der er die statistische Beschreibung von Bewegungen und ihre mathematische Handhabung einführte, die heute als Maxwell-Verteilung berühmt ist und zum Basiswissen der Physik gehört.
Der damals 28jährige Maxwell legte dann ebenfalls noch 1859 seine «Theorie des Farbensehens» vor, die als Ursprung der quantitativen Farbmessung (Colorimetrie) gilt. Maxwell zeigte hierin, daß alle Farben durch Mischungen von drei Spektralfarben zustande kommen können — zum Beispiel durch Rot (R), Grün (hier durch V [Verde] abgekürzt) und Blau (B) -, vorausgesetzt, daß die Lichtreize sowohl addiert als auch subtrahiert werden können. Er ordnete die drei Hauptfarben in den Eckpunkten eines Dreiecks an, in das wir noch eine mit technischen Daten versehene Kurve der Spektralfarben gelegt haben. Eine Linie dieser Art wird später im CIE-System erneut auftauchen. Wir führen sie hier an, weil alle damit verbundenen Einsichten auf Maxwell zurückgehen, der mit seinem Dreieck den ersten zweidimensionalen Farbraum vorstellte, der auf psychophysikalischen Messungen basiert.
Es ist einem Außenstehenden nur schwer zu erklären, wie berühmt Maxwell unter Physikern ist. Neben der erwähnten Verteilung bleibt sein Name auch mit vier sogenannten Feldgleichungen verbunden, die erklären konnten, wie sich Licht ausbreitet, und die auf die Existenz elektromagnetischer Wellen hinwiesen, deren Empfang wir zum Beispiel heute alle nutzen, wenn wir Radio hören. Maxwell zeigte, daß Lichtwellen als Oszillationen von elektrischen und magnetischen Feldern zu verstehen sind, und er machte auf diese Weise verständlich, wie es den Lichtstrahlen gelingt, die Leere des Universums zu durchqueren und uns die Sterne zu zeigen.
Bevor Maxwell auf diese Weise der Natur des Lichtes näher auf die Schliche kam, hatte er sich um einen exakteren Zugang zu den Farben bemüht. Mit seinem Beitrag taucht nach Newton erneut die Physik und die Messung von Licht und Farbe in unserer Geschichte auf, und Maxwells Dreieck ist unter anderem der Versuch, Newtons Methode der Lichtmischung zu verbessern. In den Jahrzehnten zuvor hatten die Physiker gelernt, mit Hilfe von mikroskopischen Beugungsgittern Wellenlängen im Bereich von 10-7m zu bestimmen, die heute genauer mit Nanometern (1 nm = 10-9m) angegeben werden können. Man sagt, die Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegt in einem Bereich zwischen 760 nm für Rot und 380 nm für Blau, Grün liegt bei etwa 550 nm. (Diese Zahlen finden sich entlang der Kurve.)
Maxwells Betrachtung der Farbe baute auf den Vorschlägen von Thomas Young auf, der schon vorher bemerkt hatte, daß nicht mehr als drei Farben des Spektrums benötigt wurden, um alle anderen zuwege zu bringen. Als Young seine Dreifarbentheorie vorschlug, wußten viele Künstler schon längst, daß sie mit drei primären Pigmenten alle übrigen Farbtöne mischen können, aber die Physiker standen noch unter dem Eindruck von Newtons Anspruch, daß die sieben Farben, die aus dem Prisma kommen, elementar (und also nicht mischbar) sind.
Youngs drei Rezeptoren gewannen an Glaubwürdigkeit, als George Wilson aus Edinburgh 1855 eine erste statistische Analyse der Farbblindheit vorlegte und Maxwell in deren Anhang zeigen konnte, daß die Beobachtungen verstanden werden konnten, wenn man annahm, daß ein oder zwei Rezeptoren in den betroffenen Menschen unwirksam waren.
Maxwell hatte seine eigenen Versuche zur Farbmischung im Laboratorium von J. D. Forbes in Edinburgh begonnen, der selbst mit schnell rotierenden Scheiben arbeitete und damit die Spektralfarben zu Grau mischen wollte. Forbes versuchte dabei vergeblich, ein Grau aus Rot, Gelb und Blau zu mischen. Er sah auch bald, woran dies lag, nämlich daran, daß Blau und Gelb unter diesen Umständen kein Grün (sondern eine Art Rosa) ergeben. Maxwell entschied sich daraufhin für die Grundfarben Rot (R für Rosso), Grün (V für Verde) und Blau (B für Blu), die wir dann auch in seinem Dreieck wiederfinden. (Er betonte aber ausdrücklich, daß man auch jedes andere Trio wählen kann, das zu Weiß kombiniert werden kann.)
In seinen Versuchen zur Farbmessung ließ Maxwell durch Probanden beurteilen, wie die Farbe einer Probe mit einer Mischung aus den drei Grundfarben übereinstimmte. Heute läßt man die Versuchspersonen so lange die Mischung aus Rot, Grün und Blau (mit Hilfe von standardisierten Lichtquellen) verändern, bis der Farbeindruck mit dem der Probe zusammenpaßt («colour match»). Die jeweilige Einstellung der Mischung läßt sich durch drei Zahlen festhalten, die wir als R, V und B bezeichnen wollen und die seit Maxwell als «tristimulus values» bekannt sind («Dreifarbenwerte»).
Maxwell fiel nun auf, daß die Farbigkeit einer bunten Oberfläche relativ unempfindlich gegenüber Änderungen der Helligkeit ist, und er konnte diesen Faktor ganz eliminieren, indem er neue Parameter, r, v und b, einführte und jeden Dreifarbenwert durch ihre Summe teilte: r = R/(R+V+B), v = V/(R+V+B) und b = B/(R+V+B). Diese neuen Farbkoordinaten einer Probe erfüllen eine einfache Bedingung. Ihre Summe ist Eins (r + v + b = 1), und dies bedeutet, daß alle ihre möglichen Kombinationen als Punkte eines gleichseitigen Dreiecks dargestellt werden können, dem Maxwellschen Dreieck eben. Einige Beispiele finden sich in der rechts dargestellten Reihe. Dabei liegt der Neutralpunkt Weiß im Zentrum der Konstruktion.
Das Dreieck (Dreieck 1 — Dreieck 2 — Dreieck 3) erlaubt es, das Ergebnis einer Mischung von zwei Farben vorherzusagen, da sich ihre Dreifarbenwerte beziehungsweise ihre Farbkoordinaten addieren. Alle möglichen Kombinationen von je zwei Farben liegen auf der Linie, die ihre jeweiligen Positionen im Dreieck verbindet. Natürlich hatte schon zuvor Newtons Kreis die Ergebnisse von Farbmischungen angegeben. Maxwells Fortschritt besteht darin, daß die geometrischen Beziehungen und Abstände zwischen den Farben in seinem Dreieck eine präzise Bedeutung haben, die auf psychophysikalischen Messungen basieren.
Maxwell konnte in seinen Farbmischversuchen zeigen, daß Newtons Kreis aus sieben Farben mit Weiß in der Mitte implizit die Dreifarbentheorie zufriedenstellt, da sie einer Darstellung äquivalent ist, die jeder Farbe einen Punkt in einem dreidimensionalen Raum zuordnet. Als er die experimentellen Ergebnisse in sein Farbdreieck eintrug, fand er im Inneren einen Punkt für das Weiß. Mit seiner Hilfe konnte Maxwell — ähnlich wie H. von Helmholtz — drei neue Variable angeben, die eine Farbe charakterisieren: den Farbton (englisch «hue»), die Farbsättigung («tint») und die Helligkeit («shade»). Maxwell machte auch deutlich, daß es leicht ist, zwischen diesen Variablen und der Darstellung von Farben als Summe aus drei Primärfarben zu vermitteln.
Das Dreieck stößt übrigens bald an Grenzen. Seine Werte beruhen auf Pigmentvergleichen, und das Licht der Spektralfarben kann viel intensiver sein. Wer zum Beispiel die Position von gesättigtem Gelb sucht, stellt fest, daß es außerhalb der Linie zwischen V und R liegen muß. Wenn alle Spektralfarben und auch die Purpurtöne in Maxwells Schema erfaßt werden sollen, muß sein Dreieck erweitert oder umkonstruiert werden. Ein Versuch dazu stammt von Helmholtz (Abbildung), und heute greift man auf ein raffiniertes Verfahren zurück (CIE – Abbildung), auf das schon der Linienzug im Dreieck einstimmt. Farbmessung bleibt bis heute ein schwieriges Unterfangen, weil Maschinen allein nicht sagen können, was Gelb oder Rot ist. Darüber entscheiden allein und immer die Menschen, denen Licht ins Auge fällt und die die Welt damit sehen.