Der Chemiker George Field konstruiert einen Farbenkreis aus den Grundfarben Rot, Gelb und Blau, den er dem System von Newton entgegenstellen möchte. Sekundär- und Tertiärfarben entstehen durch kontinuierliche Überlagerung. Mit den Farben werden Bedeutungen verbunden: Heiß (hot) und kalt (cold) stehen sich ebenso gegenüber wie vorrücken (advancing) und sich zurückziehen (retiring). George Field sah auch einen Zusammenhang zwischen Farben und Tönen die Schwierigkeiten der Epoche, sich das Trägermedium von Licht vorzustellen, werden dargestellt. (Ausführlicher Text)
George Field (1777-1854) war ein Chemiker, der sich sein Leben lang nicht nur praktisch mit Farben («pigments») und Färben («dyes»), sondern auch theoretisch mit ihren harmonischen Beziehungen beschäftigt hat. Sein erstes Werk, ein Essay über die «Analogie und Harmonie der Farben» aus dem Jahre 1817, operiert mit den drei subtraktiven Primärfarben, Rot, Gelb und Blau, und bemüht sich darum, eine Farbharmonie in «ästhetischer Analogie» zur musikalischen Harmonielehre aufzustellen. Field beschreibt hierin auch ein zum Metronom der Musik äquivalentes «Metrochrome», das aus drei geeichten keilförmigen Glasgefäßen besteht, die mit roten, gelben und blauen Flüssigkeiten gefüllt sind. (Man versteht, warum es die vielen Zahlen in seinem System gibt, ohne sie im einzelnen verstehen zu müssen.)
1835 folgte eine zweite Abhandlung über «Farben und Pigmente» unter dem heutigen Ohren eine wissenschaftliche Methode suggerierenden Titel «Chromatography», und 1850 schließlich stellte er eine «Grammatik der Farbgebung» («A Grammar of Colouring») zusammen, die sich vornehmlich an Künstler wandte und Auskunft über Herkunft, Zusammensetzung und Eigenschaften von Pigmenten, Farbstoffen und Malfarben gab.
In allen drei Werken knüpft Field an die Arbeiten von Jakob Christof Le Blon an, der 1730 einen Farbenkreis aus den drei «primitiven» Farben Rot (Red), Gelb (Yellow) und Blau (Blue) und den drei Mischfarben Orange («Orange»), Grün («Green») und Pupur («Purple») vorschlug (und sich damit von Newton abhob). Field erklärt nun die sechs Kreisfarben zu Primärfarben, aus denen durch kontinuierliche Überlagerung die Sekundär- und Tertiärfarben entstehen. Während er die Sekundärfarben einfach durch Doppelnamen und drei Tertiärfarben als dunkle (dark, dk) Varianten der erwähnten Mischfarben bezeichnet, finden sich drei besondere Namen in seinem System: Die Mischung aus Purpur, Blau und Grün heißt Olive («Olive»), die Mischung aus Grün, Gelb und Orange heißt Zitron («Citron»), und jene aus Orange, Rot und Purpur heißt Rostbraun («Russet»).
Mit den Farben werden Bedeutungen (Konnotationen) verbunden, die entlang des Kreisumfangs notiert sind: Heiß (hot) und kalt (cold) stehen sich ebenso gegenüber wie vorrücken (advancing) und sich zurückziehen (retiring) beziehungsweise ein hoher Mittelwert (high mean) und ein tiefer Mittelwert (low mean). Die beiden Skizzen neben dem Hauptkreis zeigen, wie man ihn durchlaufen kann — von außen nach innen, vom Hellen zum Dunklen, vom Konkaven zum Konvexen, vom Ausgedehnten zum Zusammengezogenen.
Vielleicht ist an dieser Stelle ein knapper Hinweis auf die Verbindung erlaubt, die George Field zwischen Farben und Tönen anvisierte. Die Versuche, Licht und Musik zu verbinden, sind alt, und spätestens Athanasius Kircher hat deutlich formuliert, daß alles, was für das Auge sichtbar ist, auch dem Ohr hörbar gemacht werden kann. Ein ausgearbeitetes System für Farbenmusik hat aber erst um 1760 der Franzose Louis-Bertrand Castel vorgelegt, der folgende ziemlich willkürliche Zuordnungen vornahm: Das C wird durch Blau ausgedrückt, das Cis durch Blau-Grün, D durch Grün, Dis durch Gelb-Grün, E durch Gelb, F durch Gelb-Orange, Fis durch Orange, G durch Rot und so weiter bis zum B, das durch Indigo dargestellt wird. Vom Dreiklang Blau (Grundton, C) — Gelb (Terz, E) — Rot (Quinte, G) gelangte er über verschiedene Zwischenstufen zu einer zwölfstufigen chromatischen Farbtonleiter. 1844 schlug Field eine andere Zuordnung vor. Er ließ das C beim Blau, brachte das D aber zum Purpur, das E zum Rot, das F zum Orange, das G zum Gelb, das A zum Gelb-Grün und das B zum Grün. Seine «Analogous Scale of Sounds and Colours» ging dabei vom Dreiklang Blau-Rot-Gelb aus.
Es ist zu vermuten, daß Musik und Farben in der Tiefe miteinander zusammenhängen. Aber besonders einfach wird es nicht sein, ihre Verbindung aufzunehmen — ein Farbenklavier überfordert dabei sicher unsere Aufnahmefähigkeit -, selbst wenn man oberflächlich den Eindruck haben könnte, es gäbe in beiden Fällen ein und dieselbe physikalische Grundlage, nämlich eine Bewegung von Wellen. Schall- und Lichtwellen sind nicht vergleichbar, ja sie sind so verschieden, wie zwei Dinge es nur sein können. Der wesentliche Unterschied liegt dabei im Medium, in dem sich die jeweiligen Erscheinungen ausbreiten. Wellen kann es nur geben, wenn für sie ein Träger — ein Medium — vorhanden ist. Die Meereswellen werden vom Wasser getragen, die Wellen der Musik und der Geräusche von der Luft und ihren Bestandteilen, wie sich im Versuch zeigt, wenn man einen Wecker unter eine Glasglocke stellt und die Luft herauspumpt. Man sieht dann zwar noch, wie der Wecker im Vakuum rappelt, aber man hört ihn nicht mehr, weil die Schallwellen kein Medium der Ausbreitung mehr vorfinden. Während also Töne vor der relativen Leere der Glocke kapitulieren, schaffen es die Lichtwellen bequem, sich hier weiter zu bewegen (denn wir sehen den Wecker tatsächlich noch). Die Luft ist ihr Medium jedenfalls nicht. Lichtwellen können sogar die absolute Leere der Milchstraße durchqueren (sonst sähe man die Sterne nicht), und damit stand man etwa zu der Zeit, als George Field starb, vor einem großen Rätsel: Wie muß man sich die Natur des Mediums vorstellen, von dem die Lichtwellen getragen werden? Die Physiker hatten der geheimnisvollen Substanz den Namen «Äther» gegeben und versuchten nun herauszufinden, wie etwas, das härter als Stahl sein mußte, um die winzigen Wellenlängen zu ermöglichen, die das Licht nachweisbar auszeichnete, gleichzeitig so unmerklich sein konnte, daß die Planeten ungestört in ihm kreisen konnten. Eine erste Lösung dieser großen Schwierigkeit deutete sich nach 1860 durch grundlegende Arbeiten des schottischen Physikers James Clerck Maxwell an, der nicht nur die Geschichte des Lichts, sondern auch die der Farbe wesentlich beeinflußt hat.
Datierung: Der Farbenkreis erscheint 1846 in einem Buch über «Chromatics», das sich mit Analogien und Harmonien der Farben beschäftigt.
Herkunft: England
Grundfarben: Rot, Gelb und Blau Field erklärt aber auch Orange, Grün und Purpur zu Primärfarben.
Form: Kreis
Referenzsysteme: Pythagoras, Aristoteles, Platon — Grosseteste, Alberti, da Vinci — Fludd — Newton — Maxwell — Helmholtz — Bezold
Literatur: G. Field, «Chromatics, of the Analogy, Harmony and Philosophy of Colours», London 1846 (neue Ausgabe der 1. Auflage von 1817); G. Field, «Rudiments of the Painter’s Art, or A Grammar of Colouring», London 1850; A. Hope und M. Walsh, «The Color Compendium», New York 1990; John Gage, «Kulturgeschichte der Farbe: von der Antike bis zur Gegenwart», Ravensburg: Maier, 1994, Seiten 214-216.