Ein Farbenkreis, der von vier Farben ausgeht Rot, Blau, Grün und Gelb und in insgesamt 3 x 4 = 12 Segmente eingeteilt ist. Unter den «Nebenfarben» fehlen zum Beispiel Orange und Violett, die Schiffermüller nicht kräftig genug erschienen. Sein Farbenkreis ist zum Teil mit phantasievollen Namen versehen: Blau, Meergrün, Grün, Olivengrün, Gelb, Oraniengelb, Feuerroth, Roth, Karmasinroth, Veilenroth, Veilenblau und Feuerblau. (Ausführlicher Text)
In dem Jahr, als J. H. Lambert seine Farbenpyramide konstruierte und dabei zum ersten Mal deutlich machte, daß nur ein dreidimensionales System die gesamte Fülle der Farben erfassen kann, veröffentlichte in Wien Ignaz Schiffermüller einen weiteren Farbenkreis, dessen Rand mit zwölf Farben ausgefüllt ist, die er mit den angegebenen und zum Teil phantasievollen Namen bezeichnet — Blau, Meergrün, Grün, Olivengrün, Gelb, Oraniengelb, Feuerroth, Roth, Karmasinroth, Veilenroth, Veilenblau und Feuerblau. Die Übergänge sind dabei — ganz anders als bei Moses Harris — kontinuierlich, und die drei Primärfarben — Blau, Gelb und Rot — sind nicht gleich weit voneinander entfernt. Zwischen ihnen befinden sich drei Arten von Grün, zwei Arten von Orange und vier Varianten von Violett (aber ohne diese Sekundärfarben selbst). Schiffermüller greift auf insgesamt 12 Farben und damit auf das System des französischen Jesuiten Louis Bertrand Castel zurück, der 1740 eine «Optique des couleurs» publiziert hatte, um Newtons Kreis mit sieben Farben auf zwölf zu erweitern. Seine Wahl klingt dabei ungewohnt: bleu, celadon (blaßgrün), vert, olive, jaune, fauve (fahlrot), nacarat (orange), rouge, cramoisi, violet, agathe (achatblau) und bleu violant. Castel bezog sich dabei auf die Musik, genauer auf die 12 Halbtöne der Tonleiter.
Obwohl Castel versuchte, Newtons Theorie ihre Bedeutung zu nehmen und sie zurückzuweisen, erreicht Schiffermüllers Übernahme das Gegenteil. Sein System illustriert letztlich die Entdeckung von Newton, daß sich die reinen Farben auf einem Kreis anordnen lassen. Der Wiener Jesuit setzt dabei zusätzlich eine (hier nur angedeutete) Sonne in seinen Farbenkreis, um deutlich zu machen, daß er «die blühenden Farben» zeigen will, die die Natur hervorgebracht hat. Mit den Mischungen will er zu «lebhaften und glänzenden Farben» kommen, wie diejenigen, die man im Regenbogen bewundert. Weitere Zusammenstellungen von «Nebenfarben» hält er für ästhetisch unpassend.
Datierung: Der Farbenkreis wird 1772 in Wien veröffentlicht.
Herkunft: Österreich
Grundfarben: Rot, Blau, Grün und Gelb
Form: Kreis
Referenzsysteme: Newton — Lambert
Literatur: I. Schiffermüller, «Versuch eines Farbensystems», Wien 1772; C. Parkhurst und R. L. Feller, «Who invented the Color Wheel?», Color Research and Application 7, 217-230 (1982); John Gage, «Kulturgeschichte der Farbe: von der Antike bis zur Gegenwart», Ravensburg: Maier, 1994, Seite 170 (kommentierte Erwähnung).