Robert Fludd
Der
Um 1630, also kaum zwanzig Jahre nach der Publikation des ersten gezeichneten Farbenkreises von
In diesem Werk bemüht sich Fludd auf 200 Seiten darum, Diagnosen durch die Betrachtung von Urin zu erstellen. Er versucht, aus dessen Farbe und Festigkeit Schlüsse auf das Befinden des Patienten zu ziehen. Bei diesem äußerst modern wirkenden Ansatz ging Fludd von seiner grundlegenden Überzeugung einer metaphysischen Dualität aus, die sich auf Erden durch die Pole Licht und Dunkelheit manifestiert. Sein Kreis der Farben («
Im Inneren seines Kreises ordnet Fludd seinen Ausgangsfarben Werte zu, indem er festlegt, wieviel «Helles» (Licht) und wieviel «Dunkles» (Schwärze) in ihnen vertreten ist. Weiß ist Licht ohne Schwärze («Nigredinis nihil»), und Schwarz ist kein Licht («Lux nulla»). Im Grün besteht eine Gleichheit von Licht und Schwärze, im Gelb eine Gleichheit zwischen Weiß und Rot. Orange entsteht, wenn im Gelben das Rote gegenüber dem Weißen zunimmt, und Himmelsblau entsteht, wenn im Grünen die Schwärze gegenüber dem Licht zunimmt. Wir haben diese Spuren der Lehre des Aristoteles in einem zweiten
Die Ideen des Aristoteles wirken also bis in das 17. Jahrhundert hinein, weshalb sich an dieser Stelle eine kurze Beschreibung lohnt, für die bisher kein Platz war. Grundsätzlich ist anzumerken, daß antike Farbenlehren sich auf einige Grundfarben und deren Mischungen beziehen. Ihr Verständnis wird dadurch erschwert, daß es nahezu ausgeschlossen ist, die griechischen oder lateinischen Farbbezeichnungen angemessen in unserer Sprache auszudrücken. Die Übersetzer etwa der Schriften von Aristoteles haben immer wieder darauf hingewiesen, daß ein und dieselbe Benennung dazu dient, unterschiedliche Nuancen zu charakterisieren. Dies rührt unter anderem daher, daß zahlreiche Farbnamen nicht in erster Linie einen Farbton meinen, sondern das Material, aus dem die Farbe gewonnen werden kann. Einzelne Wörter decken so ein ganzes Feld von unterschiedlicher Helligkeit oder unterschiedlichem Glanz ab, das mit unseren heutigen (standardisierten) Farbbenennungen nicht mehr gemeint ist.
Die vielen Farben der Welt konstruiert
Die Lehren des Aristoteles wirken noch bis zu Robert Fludd im frühen 17. Jahrhundert nach, wobei sie nicht nur im europäischen Rahmen geblieben sind, sondern auch kräftig die arabischen Philosophen beschäftigt haben. Im 11. Jahrhundert stellen sie sich erneut die Frage, in welch einem Verhältnis Licht und Farbe zueinander stehen.
Avicenna (gestorben 1037) bestreitet, daß es Farbe gibt, wo es dunkel ist. Ohne Licht fehle ihr das «verum esse».
Sein Gegenspieler Alhazen (gestorben 1038) hält dem entgegen, daß die Farben noch vorhanden seien, wenn es dunkel ist, sie erreichten nur das Auge nicht mehr.
Im europäischen Mittelalter greift Roger Bacon (gestorben 1294) diese Frage wieder auf und erklärt, daß Licht und Farbe nur vereint vorkommen («Lux (…) non venit sine colore»). Er setzt sich vehement mit Aristoteles auseinander, wobei er vor allem mit den Farbnamen und ihrer Übersetzung kämpft. Bei Bacon tauchen die Begriffe «albedo» (Weiß), «rubedo» (Rot), «viriditas» (Grün) und «nigredo» (Schwarz) auf, aber er besteht auf einer fünften Grundfarbe, die er «glaucitas» nennt und wohl ein Hellblau meint.
Schließen wollen wir diesen Exkurs mit dem Hinweis auf den Bischof von Brixen, Nikolaus Cusanus (1401 – 1464), der zum ersten Mal die Idee äußert, daß Licht nicht nur die Farbe der Gegenstände zeigt. Das Licht schafft die Farben vielmehr: «Omnis esse coloris datur per lucem descendentum.» Und er sagt noch etwas Schönes: Die vergänglichen irdischen Dinge, so stellt Cusanus fest, verändern ihre Farbe, wenn sie selbst sich verändern. Und er zieht daraus den Schluß, daß die Farbe die Aufgabe hat, das «Werden-Können» sichtbar zu machen. Die Farben zeigen also, was das Leben kann.
Datierung: Das System erscheint zwischen 1629 und 1631 in einem Buch über Medizin.
Herkunft: England
Grundfarben: Blau, Grün, Rot und zwei Arten von Gelb
Form: Kreis
Referenzsysteme:
Literatur: R. Fludd, «Medicina Catholica», 2 Bände, Frankfurt, C. Rötelli, 16291631; J. Godwin, «Robert Fludd Hermetic philosopher and surveyor of two worlds», London 1979; John Gage, «Kulturgeschichte der Farbe: von der Antike bis zur Gegenwart», Ravensburg: Maier, 1994, Seiten 9 und 171 (kommentierte Erwähnungen).